Land Rover Serie Vidal und Sohn
Land Rover Serie Lizenzbau von Vidal und Sohn
Der Tempo Land Rover
Der Tempo Land Rover war ein Lizenzbau des ursprünglich britischen Geländewagens, der in den 1950er Jahren – von 1953 bis 1959 – von der Vidal & Sohn Tempo-Werk GmbH in Harburg bei Hamburg hergestellt wurde. Da seinerzeit nur relativ geringe Stückzahlen produziert wurden, erfreuen sich erhaltene und vor allem fahrtüchtige Exemplare bei ihren Fans heute großer Beliebtheit.
Ein Fahrzeug für den neu gegründeten Bundesgrenzschutz
Die Entwicklung und Produktion der Tempo Land Rover steht in engem Zusammenhang mit dem 1951 neu gegründeten Bundesgrenzschutz (BGS). Dieser benötigte seinerzeit 250 geländegängige Fahrzeuge, die sich durch Zuverlässigkeit auszeichnen und bis zu sechs Personen transportieren können sollten.
Nach einem Test mit jeweils sieben Fahrzeugen von Mercedes Unimog und Land Rover wäre der BGS bereit gewesen, Fahrzeuge des Export-Modells mit 80″ Radstand anzuschaffen. Die Kapazitäten der Herstellerfirma Rover-Solihull waren jedoch bereits anderweitig ausgelastet, sodass der BGS nach einem anderen Hersteller umsah.
Tempo-Werke erhalten Lizenz von Land Rover
Die bereits 1928 in Harburg gegründeten Tempo-Werke genossen einen hervorragenden Ruf als Hersteller von Kleinlastwagen. Zudem hatte sich das Unternehmen mit dem in der Vorkriegszeit produzierten Geländewagen Tempo G 1200 Anerkennung erworben. Vor diesem Hintergrund wandte sich der BGS Ende 1952 mit seinem Anliegen an das Harburger Unternehmen.
Eine vollständige Neukonstruktion wurde von Vidal als zu aufwändig beurteilt, – nicht zuletzt auch angesichts des vom BGS vorgegebenen knappen Zeitrahmens. Es gelang dem Unternehmen jedoch Anfang 1953 aufgrund guter Kontakte nach England, von der Land Rover Company die Genehmigung zu erhalten, das vom BGS gewünschte Fahrzeug als Lizenzbau in Deutschland zu fertigen. Damit war der Auftakt für die Produktion der deutschen Kleinserie gegeben.
Karosserie und Ausstattung: Zahlreiche Unterschiede zum Original
Mit Ausnahme von Motorhaube, Spritzwand und Frontgrill wurde die Karosserie komplett von der Karosseriefabrik Herbert Vidal & Sohn in Harburg produziert. Da die entsprechende Ausschreibung des BGS sehr genau zu beachten war, weicht sie teilweise deutlich von der Karosserie des englischen Ursprungsmodells ab. Die gesamte Karosserie wurde aus Stahlblech hergestellt. Heckwanne und Türunterteile erreichten das Niveau der Frontscheibenunterkante.
Ein weiteres Merkmal waren die beiden quer zur Fahrtrichtung eingebauten Sitzbänke hinten. Der Mittelsitz in der vorderen Reihe wurde weggelassen. Die vorderen Kotflügel wurden mit Staukästen ausgestattet, die von vorn zugänglich waren. Ein weiterer Staukasten wurde auf die Motorhaube montiert. Das Reserverad befestigte man am Fahrzeugheck.
Im Vergleich zum englischen Vorbild modifiziert wurden auch die Türgriffe, die heckseitigen Einstiegsbügel, die Kombirückleuchten sowie das Klappverdeck. Für die damalige Zeit keineswegs selbstverständlich, wurden die Tempo Land Rover mehrheitlich mit einer Heizung ausgestattet. Aufgrund der Vorgaben des BGS wurden die Fahrzeuge zudem auch ab Werk mit einem Blaulicht, zwei unterhalb der Scheinwerfer montierten Signalhörnern, einem Funkgerät sowie einem Seilspill ausgestattet. Für die Bedienung dieser zusätzlichen Geräte brachte man oberhalb des serienmäßigen Armaturenbretts einen zweiten Armaturenträger an.
Zivile Vermarktung erfüllt Erwartungen nicht
Über die Serie der für den BGS produzierten Fahrzeuge hinaus wollte Vidal den Tempo Land Rover auch an private Käufer vermarkten und betrieb deshalb intensive Werbung für seinen Lizenzbau des Land Rover. Doch während SUV und geländegängige Fahrzeuge heute durchaus einen festen privaten Kundenkreis haben, blieb das Interesse damals noch deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die genaue Zahl der an Privatpersonen verkauften Tempo Land Rover ist heute nicht mehr feststellbar.
Modellwechsel und längerer Radstand
Bei Land Rover in England kam es im Herbst 1953 zu einem Modellwechsel, der auch Auswirkungen auf den deutschen Lizenzbau hatte. Das Fahrgestell wurde nunmehr auf 86″ Radstand verlängert, und Vidal nahm Verbesserungen in zahlreichen Details vor. So wurde das Reserverad nun ebenfalls, wie beim englischen Original, auf der Motorhaube platziert und der dort zuvor befindliche Staukasten wurde weggelassen.
Weitere Unterschiede zur vorherigen Version waren die von den vorderen Staufachdeckeln zu den unteren Kotflügeln verlagerten Positionsleuchten, die erstmals eingeführten Blinkleuchten und der aufwändigere Zusatzinstrumententräger, der zwischen Lenksäule und serienmäßigem Zentralarmaturenbrett installiert wurde. Insgesamt produzierte Vidal von der zweiten Serie rund 150 Fahrzeuge.
Ende einer kurzen Ära
Als 1956 die Bundeswehr neu aufgestellt wurde, übernahm sie etwa 10.000 BGS-Angehörige samt Ausrüstung als Soldaten in ihrer Reihen. In diesem Zusammenhang wurden etwa 100 der besten Tempo Land Rover vom BGS in den Bestand der Bundeswehr übernommen. 1959 bemühte sich Vidal offensichtlich vergeblich um Folgeaufträge des BGS. Diese Vermutung legen zumindest zwei Tempo Land Rover der Serie 2 mit 88″ Radstand nahe.
Nach der Beteiligung von Hanomag an den Tempo-Werken gab man die Produktion des Land Rover-Lizenzbaus auf. Zu dieser Entscheidung dürfte vor allem die Tatsache beigetragen haben, dass sich der Wagen seinerzeit nicht auf dem zivilen Markt etablieren konnte. Mitte der 1960er Jahre musterte der BGS die Tempo Land Rover aus und verkaufte die Fahrzeuge über die VEBEG.
Die „BGS Serie IIA“ konnte direkt in England produziert werden, nachdem man die dortigen Kapazitäten entsprechend erweitert hatte. Damit endete die Ära des deutschen Land Rovers bereits nach wenigen Jahren wieder, und heute zählen die Tempo Land Rover zu den seltensten noch erhaltenen Fahrzeugen aus der Fertigung von Vidal und Sohn.
- Land Rover Serie 1 von Tempo
- Tempo Land Rover Main Beam
- Tempo Land Rover Armaturenbrett
- Land Rover Tempo Rückseite mit Reservekanister
- Innenansicht Land Rover Tempo
Hier ein BGS Video, indem ein Land Rover von Vidal und Sohn eine Nebenrolle spielt:
Hier eine sehr interessante private Seite über die Land Rover von Vidal und Sohn: